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Montag, 1. November 2010

Hollands Theorie. Teil 6

VI. Aussagekraft der Theorie für Schule

Ich hoffe sehr, die Theorie Hollands in diesem Abschnitt nicht zu sehr vereinfacht zu haben. Zur vertiefenden Lektüre empfehle ich insbesondere das Kapitel 3 in Holland 1997: The Environmental Models, S. 34-46.

Hollands Theorie gibt eine Möglichkeit an die Hand, sich über die eigene berufsrelevante Persönlichkeitsstruktur schnell zu informieren. Natürlich ist es unangemessen, einem Testergebnis blind zu folgen und alle anderen, abweichenden Erwägungen fallen zu lassen. Es trägt jedoch als empirisch gut gesichertes Verfahren bei zu einer möglichst breiten Berufsorientierung. So können z.B. Alternativen in den Blick genommen werden oder eine Bestärkung der bisherigen Orientierung erfolgen.
Sie stellt insofern eine hilfreiche Ergänzung der Berufsfelderkundungen dar, wie sie in BiZ-Besuchen, aber auch in Praktika und in sonstigen Recherchen realisiert werden. Die RIASEC-Typologie ergänzt auch Kompetenzfeststellungsverfahren, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten testen.


Ein weiterer Gewinn der Theorie liegt nach meiner Einschätzung darin, dass sie die bedeutsame Rolle der Arbeitsumwelt unterstreicht (Vgl. V. http://stubotagebuch.blogspot.com/2010/11/hollands-theorie-teil-5.html).

Der Typus der Schulumwelt ergibt sich aus der Tatsache, dass Schule vom Typus der Lehrerin bzw. des Lehrers dominiert wird. Zahlenmäßig fallen etwa Sekretärinnen (Code: CSA) und Hausmeister (Code: RSC) nicht ins Gewicht und haben keine Auswirkung auf die Ausprägung der Arbeitsumwelt.

Schauen wir uns die verschiedenen LehrerInnen an:

Lehramt GYM /naturwiss. Fächer: ISR
Lehramt GYM / Sprachfächer: SAI
Lehramt GYM /Wirtschaftsfächer: SEI
Lehramt Realschule: SAE
Lehramt Berufskolleg: SIR

(Interessant scheint mir der Person-Umwelt-Bezug der Lehrer mit naturwissenschaftlichen Fächern zu sein. Der investigative Typ ist recht weit entfernt vom sozialen. Hier liegt eine Spannung vor. Andererseits ist die Nähe der Lehrerin (Sxx, auch xSx) zum unternehmerischen Typus („E“) deutlich. Der Code des Politikers ist ESA.)

Hieraus wird man für die Schulumwelt auf eine soziale Arbeitsumwelt schließen können (vgl. II. die Ausführungen zur sozialen Umwelt http://stubotagebuch.blogspot.com/2010/10/hollands-theorie-teil-2.html). In unserer Schule wird dieses Phänomen verstärkt durch die diakonische Ausrichtung der Schule als solche der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel.

Da die Arbeitsumwelt der Schule auf die Schülerinnen und Schüler einwirkt, wird Berufs- und Studienorientierung für andere Berufstypen als den des sozialen u.U. spannungsvoll. Mir scheint erwägenswert, dass sich hier aufgrund der Arbeitsumwelt der Schule Schwierigkeiten in der Anbahnung von beruflicher Orientierung z.B. für Handwerksberufe etwa im Kontext der Realschule ergeben könnten. Vgl. Sie die Codes folgender Berufe mit dem der Lehrer, mithin der sich daraus ergebenden Schulumwelt:

RAC: Konditorin
RAE: Metallbauer
RCA: Steinmetz
RCE: Dachdecker
RCE: Tischlerin
RCI: Schlosser
REC: Schornsteinfegerin.

Die soziale und die realistische Umwelt sind nicht spannungsfrei. Dies hat Auswirkungen auf die Wertschätzung von Praktika, aber auch auf die Planung von Praktikumsbesuchen u. dgl. Hier treffen Welten aufeinander. – Andererseits scheint mir das Verhältnis des sozialen und des unternehmerischen Typus eher unproblematisch, weil nachbarschaftlich und daher konsistent. Das deutet eher auf eine gute Ausgangsituation für die Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft hin.

Im Übrigen wäre es auch wesentlich, die Stellung von Schülerinnen und Schülern zu bedenken, deren Persönlichkeit aufgrund zum Beispiel ihres realistischen Charakters oder der Tendenz dazu nicht unbedingt mit einer sozialen Arbeitsumwelt wie der der Schule harmoniert. Hier könnte der Rat sinnvoll sein, sich nicht zu lange im Schulsystem aufzuhalten, sondern etwa nach der FOR gemäß der Formel „types flourish in congruent environments“ (Holland 1997, S. 35) im Betrieb sein Glück zu finden.

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