Seiten

Sonntag, 15. August 2010

Theorien der Berufswahl SKL 1.4: Interessen

IV. Die Entwicklung von berufsbezogenen Interessen

Fragen wir nun direkt nach dem Nutzen der SKL für die berufliche Orientierung. Die SKL setzt bei den beruflichen Interessen an.

Menschen bilden dann ein beständiges Interesse an einer Tätigkeit, wenn sie sich selbst als kompetent in ihr betrachten und wenn sie der Meinung sind, dass sie die Ergebnisse einer solchen Tätigkeit wertschätzen.

Eine Rolle spielen mithin Begabung und Fähigkeiten („Kompetenzseite“) und das, was „work values“ genannt wird („Werteseite“). Die „work values“ bringen die beruflichen Arbeitsergebnisse zum Ausdruck, die einem Menschen besonders wichtig sind: zum Beispiel viel Geld zu verdienen oder ein hohes Prestige, hohe soziale Wertschätzung zu erfahren, oder einen hohen Grad von Selbstständigkeit, Autonomie im Beruf realisieren zu können.

Oft wird gerade in praxisorientierten Zusammenhängen – so meine Wahrnehmung - unterstellt, dass es ein unmittelbares Wirkungsverhältnis zwischen Begabung bzw. Fähigkeiten einerseits und berufsbezogenen Interessen andererseits gebe. Ein (äußerer) Grund für die Annahme dieses Zusammenhanges ist denn wohl auch der, dass sich auf diese Weise die Anwendung von Verfahren legitimieren lässt, die sich in der Praxis bequem umsetzen lassen.

Es ist nur ein Zweischritt erforderlich: 1. der Test von Begabung und Fähigkeiten, etwa über das RIASEC-Verfahren (bzw. für den deutschen Sprachraum: EXPLORIX-Verfahren) und 2. die Zuordnung von entsprechenden Berufen über das Dictionary of Holland Occupational Codes (bzw. das Berufsregisters im EXPLORIX-Verfahren).

Die SKL unterstreicht den Grundansatz hält jedoch die Beachtung moderierender, filternder Variablen für erforderlich:

„Some career theories view interests as an outgrowth of either personal aptitudes and abilities or work values. SCCT [SKL, JHW] acknowledges that abilities and values are important parts of the process that gives rise to vocational interests; however in our scheme, their effects on interests are primarily funnelled through self-efficacy and outcome expectations. For instance, we posit that, rather than influence interests directly, abilities inform self-efficacy beliefs, which, in turn, influence outcome expectations and interests. Work values are incorporated within the concept of outcome expectations.” (Lent in Brown 2002, S. 267)

Menschen werden also dann berufliche Interessen entwickeln, wenn sie der Überzeugung sind, dass sie die dort an sie gestellten Anforderungen erfüllen können und wenn die Ergebnisse ihrer Tätigkeit so ausfallen, dass sie ihre Arbeitswerte bestätigen.

Für die Schule bedeutet dies, dass Schülerinnen und Schüler Erfahrungen sammeln müssen, die sie in die Lage versetzen, eine robuste Selbstwirksamkeitsüberzeugung und Ergebniserwartung in beruflichen Kontexten zu erwerben. Oder umgekehrt: Haben Schülerinnen und Schüler keine Gelegenheit, entsprechende fesselnde Lernerfahrungen zu sammeln, wird man sich nicht wundern dürfen, wenn sie keine oder eine nur rudimentäre begabungskongruente Wirksamkeitsüberzeugungen und positive Ergebniserwartungen entwickeln, mithin dem BO-Prozess zurückhaltend bis desinteressiert gegenüberstehen.

Können diese Einsichten im Schulkontext umgesetzt werden? Wir gehen mit verschiedenen Praktika, der Zusammenarbeit mit Firmen und Hochschulen und einer Forcierung von Projektarbeit – im letzten Schuljahr haben wir eine erste Projektwoche in der Sek I durchgeführt – den richtigen Weg.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen