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Samstag, 31. Dezember 2011

Gottfredson's Entwicklungstheorie des beruflichen Verhaltens 2: Die Entstehung und das Grundmotiv der Theorie



Welche Eigenschaften haben die „individuellen Kräfte“, die einer Person helfen können, ein öffentliches Selbst auszubilden, das mit ihrem inneren Selbst resoniert, es angemessen zum Ausdruck bringen kann. Welche Faktoren hindern eine Person daran, ihr Selbst zum Ausdruck zu bringen?
Warum wiederholen, reproduzieren Kinder in ihren Berufsvorstellungen die gesellschaftlichen Ungleichheiten ihrer Eltern, und zwar lange bevor irgendwelche gesellschaftlichen Barrieren die Verwirklichung ihrer Träume verhindert. Warum haben Kinder derart verschiedene Bestrebungen, warum auch derart verschiedenen Erfolg dabei, das Selbst zu entwickeln, das ihnen vorschwebt? Woher kommen Interessen, Fähigkeiten und andere Bestimmungsfaktoren der Berufwahl einer Person?
Warum schränken viele Kinder und Jugendliche ohne Not ihre Berufsvorstellungen ein und opfern die Verwirklichung ihres einzigartigen Selbst?

Die Theorie hat so die praktische Aufgabe, unnötigen Selbstbeschränkungen im Verlauf der frühen beruflichen Entwicklung vorzubeugen.



Selbstbeschränkungen in der Ausbildung von Berufswünschen fallen nach meiner Wahrnehmung besonders im Ausschluss von geschlechtsuntypischen Berufen auf. Im Unterricht wie auch in Veranstaltungen wie dem Girls und Boys Day wird dieser Tendenz mit dem Ziel einer größeren Offenheit entgegengearbeitet. Dabei sollte aber nicht übersehen werden, dass in einer offenen Gesellschaft, in welcher der „Möglichkeitsüberschuss“ an Ausbildungs- und Studienangeboten zunimmt und allgemein der „Modus des Wählens“ (Gerhard Schulze) die Existenz dominiert, traditionell-vorgegebenen Zuordnungen wie denen des Geschlechtscharakters von Berufen als Entlastung zu folgen. Angesichts der Qual des unablässigen Wählen-Müssens kann es willkommen sein, wenn dem jungen Menschen in der Phase der Identitätsbildung die Wahl gerade in Person- und Körpernahen Zusammenhängen abgenommen wird. Nichtsdestoweniger scheint die Überwindung einer einseitigen Geschlechtsorientierung in der Berufswahl vorteilhaft zu sein. Hierbei gerät verstärkt auch die dritte Möglichkeit eines Mix von Geschlechtsorientierungen in den Blick. Die Vorteile androgyner Persönlichkeiten, die männliche und weibliche Eigenschaften in sich vereinen und auch bewusst pflegen („instrumentelle Geschlechtsrollen-Orientierung“, welche „männliche“ Sach- und Zielorientierte Eigenschaften mit „weiblichen“ auf das Zwischenmenschliche bezogene Eigenschaften kombiniert) konnte in empirischen Studien gezeigt werden.

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