„Self-concept refers to one’s view of oneself – of who one is both
publicly and privately. It has many elements, including appearance, abilities,
personality, gender, values and place in society. Some elements are more
central to one’s sense of self than others. People may not be able to
articulate their self-concepts, nor may their self-perceptions always be
accurate, but they act on them and protect them just the same. The self-concept
is the object of cognition (the ‘me’), but it also reflects the person as actor
(the ‘I’).” (Gottfredson in Brown 2002, S. 88)
Das Selbstkonzept-Konzept
wird in diesem Aufsatz als dynamisches Ganzes beschrieben. Es hat
relativ stabile („core self-conception“) und variable Anteile („working
self-concept“), ebenso eher situationsinvariante und bereichsspezifische. Die
Dynamik des Selbstkonzepts bzw. der Selbstschematisierung wird mit Mitteln des
Konstruktivismus beschrieben. An Gottfredson’s Modellierung der
Selbstentwicklung ist ebendiese Eindeutigkeit der Stufeneigenschaften moniert
worden. Empfohlen wurde eine Sichtweise, welche diese öffnet für „individuelle
Gewichtungsprozesse“ und dergestalt die festen beruflichen Orientierungen wie
Geschlechtstyp, Prestige und Interessen relativiert.
Ich orientiere mich an der
Modellierung wie sie Gottfredson z.B. im Sammelband von Brown 2002 vorgestellt
hat, ohne damit unterstellen zu wollen, dass es sich hier um absolute Wesensaussagen
handelt. Im Vordergrund meines Interesses stehen praktische Aufgaben wie z.B.
die Beachtung der Genderproblematik innerhalb der Berufsorientierung. Für diese
Zwecke reicht es – will mir scheinen – aus, die Geschlechtstypisierung wie sie
Gottfredson beschreibt als regulative Idee (Kant) zu verwenden. (Zur Diskussion
von Stabilität und Variabilität bzw. Malleabilität des Selbstkonzept-Konzepts
vgl. Michael Kernis und Brian Golgman: Stability and variability in self
–concept and self-esteem, in: Mark Leary und June Price Tangney (Hrg.):
Handbook of self and identity, New York: Guilford 2003, S. 106-127 und Günter
Ratschinski: Selbstkonzept und Berufswahl, Münster: Waxmann 2009, insbes. S.
53f. und 82f.)
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Das Bild verlinkt eine interessante Präsentation von Herrn Ratschinski zum Thema |
Über die Berücksichtigung des
Selbst wird die Person in den
Mittelpunkt des Prozesses gestellt, nicht als zu beschreibendes und „formendes“
Objekt, sondern vor allem, wenigstens idealiter, als kreativ-kompetentes
Subjekt. Da das Selbst viele, wenn nicht alle Fäden in der Hand halten kann,
kann es auch Einfluss darauf nehmen, an welchen gezogen wird.
Das Selbstkonzept tendiert
zur Stabilität. Beim negativen Selbstkonzept ist dies problematisch, denn
positiven Erfahrungen werden nur bedingt Glauben geschenkt. Im Gegenteil, die
Person sucht aktiv nach einer Bestätigung des eigenen, negativen
Selbstkonzepts, etwa, indem der Umgang mit Personen bevorzugt wird, der die
Person unvorteilhaft sieht. Es geht weniger um die Wahrheit, als um die
Bestätigung des Selbstkonzepts.
Die Ausprägung des
Selbstkonzepts hat Auswirkungen auf das affektive Selbstmoment, die
Selbstbewertung, also auf das Selbstwertgefühl. Ein negatives Selbstkonzept
führt zu einer niedrigen Selbstbewertung. Don E. Hamachek (Encounters with the
Self, New York 1982, S. 3ff., zitiert nach: Ronald B. Adler u.a.: Looking
out/Looking in. 10. Auflage, Fort Worth 2002, S. 58) stellt Personen mit hohem
Selbstwertgefühl solchen mit niedrigem gegenüber und charakterisiert sie.
Zunächst Personen mit hohem
Selbstwertgefühl:
“1. Likely to think well of others.
2. Expect to be accepted by others.
3. Evaluate their own performance more favourably than people with low
self-esteem.
4. Perform well when being watched: not afraid of other’s reactions.
5. Work harder for people who demand high standards of performance.
6. Inclined to feel comfortable with others they view as superior in
some way.
7. Able to defend themselves against negative comments of others.”
Nun solche mit niedrigem
Selbstwertgefühl:
“1. Likely to disapprove of others.
2. Expect to be rejected by others.
3. Evaluate their own performance less favourably than people with high
self-esteem.
4. Perform poorly, when being watched: sensitive to possible negative
reaction.
5. Work harder for undemanding, less critical people.
6. Feel threatened by people they view as superior in some way.
7. Have difficulty defending themselves against others’ negative
comments; more easily influenced.”
Die Auswirkungen sind beeindruckend.
Das Selbstkonzept ist
subjektiv. Dies kann, muss aber nicht nachteilig sein. Jedenfalls bietet es
einen geeigneten Ansatzpunkt für Pädagogik. Eine Selbstsicht aus der
Perspektive des halb vollen Glases (z.B. der eigenen Kompetenzen) einzunehmen,
hat gegenüber der des halb leeren (z.B. der eigenen Defizite) deutliche
Vorzüge. Andererseits eröffnet die Selbstkonzepttheorie therapeutische
Möglichkeiten: gerade der Ansatz beim unangemessen negativen Selbstbild
bzw. seinen Kognitionen („Ich bin hässlich!“) kann der zu einer erhöhten
Zufriedenheit und seelisch-körperlichen Gesundheit sein. Nicht zuletzt Lehrer
haben hier eine große Verantwortung.
I am not what I think I am.
I am not what you think I am.
I am what I think you think I am.
Aaron Bleiberg u. Harry Leubling
Hier das passende Video dazu:
Hier das passende Video dazu:
Setzen wir nun die Skizze der
Selbstkonzept-Theorie fort. Über die theoretische Ausdifferenzierung des Selbst
in
- das kognitive Selbst („Selbstkonzept“,
„Selbstschema“, „Selbstbild“),
- das affektive Selbst („Selbstwertgefühl“ bzw. das
sich bewertende Selbst) und
- das konative Selbst (handelnde bzw. handlungsbereite, da selbstwirksamkeitsüberzeugte Selbst)
lassen sich weitere
fruchtbare Ansätze herleiten. Die Selbstbegrifflichkeit vermag derart
verschiedene Ansätze zu bündeln (z.B. den konstruktivistischen Ansatz, bei dem
das kognitive Selbst bzw. das kognitive Moment des Selbst im Vordergrund steht
und die sozial-kognitive Theorie, welche die Selbstwirksamkeit betont) und
vielleicht die Richtung zu einer einheitlicheren Theorie der Berufswahl zu
weisen.
Zugleich können
entwicklungspsychologische Erkenntnisse eingebracht werden, welche den
angemessenen Anteil der sich orientierenden Person nunmehr in Abhängigkeit von
ihrem Entwicklungsalter beschreibt.
Für die schulische Berufsorientierung, die sich innerhalb rasanter
Entwicklungsphasen des jungen Menschen bewegt, sind diese Erkenntnisse
ebenfalls essentiell.
Dies geht auch mit einer
zunehmenden Verantwortung der Person gegenüber der zu vollbringenden
Orientierungsleistung einher. Die Person gestaltet ihre berufliche
Orientierung. Die Berater und Lehrerinnen unterstützen und streben ihrem
ureigenen Ziel entgegen: überflüssig zu werden.
Das „Selbstkonzept“ näherhin
beschreibt zweierlei, einerseits wie eine Person sich selbst sieht,
andererseits die sehende Person, als Autor der Handlung. Im Vordergrund der
Betrachtung steht aber das wahrgenommene Selbst. Es hat einen öffentlichen und
einen privaten Aspekt. Zu seinen Elementen gehören das Aussehen, Fähigkeiten,
Persönlichkeit, Geschlecht, Werte und Standort in der Gesellschaft. Einige
Elemente sind zentraler als andere. Wichtig ist, dass das Selbstkonzept oder
bestimmte Elemente davon auch dann wirksam sind und von der Person geschützt
werden, wenn die Person sie nicht klar benennen und artikulieren kann.
Bezogen auf den berufsorientierenden Auftrag der
Schule bedeutet dies, dass immer wieder geeignete Gelegenheiten geschaffen
werden sollten, in denen sich Schülerinnen und Schüler mit ihren
Selbstkonzepten auseinandersetzen können. Diese Aufgabe ist nicht einfach.
Aufgrund des engen Zusammenhanges zwischen Selbstkonzept und Selbstwertgefühl
sucht eine Person ihr Selbstkonzept zu schützen und vermeidet so aktiv die
Selbsterfahrung oder schränkt ihre Offenheit gegenüber Zumutungen der Umwelt
ein. Dies gilt insbesondere für Erfahrungen in der Gruppe mit stark kognitiver
Färbung, also in typischen Unterrichtssettings. Auch aus diesem Grund ist es
wertvoll, Schülerinnen und Schülern außerhalb der Schule handlungsorientierte
Möglichkeiten anzubieten sich zu erfahren, um mit sich ins Gespräch zu kommen.
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